Klappen-/Rückentext:
Am ersten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1943 erteilte Hitlers
Marine-Chef Karl Dönitz den letzten einsatzbereiten deutschen
Schlachtschiff den Befehl, einen Konvoi aus 19 britischen
Handelsschiffen anzuhalten. Doch was als langersehnter Durchbruch
an der Nordostfront geplant war, endete in einer Trägodie.
Mit Hilfe der Entschlüsselung deutscher Funksprüche
und den Informationen des norwegischen Widerstands stellten
die Briten der Scharnhorst eine Falle und versenkten sie in
einer der letzten großen Seeschlachten der Kriegsgeschichte.
Es überlebten nur 36 von 1968 Männern des Schlachtschiffs.
Im Jahr 2000 findest ein norwegisches Expeditionsschiff das
lange verschollene Wrack.
Alf R. Jacobsen, der Leiter der Suchaktion, schildert in seinem
Buch, wie es zu dem dramatischen Untergang kam, und berichtet
von der sensationellen Entdeckung der "Scharnhorst"
in 300 Meter Tiefe.
Zum
Autor:
Alf R. Jacobsen, 1950 in Hammerfest geboren, ist ein preisgekrönter
norwegischer Enthüllungsjournalist und Autor von mehr
als 25 Büchern, Film- und TV-Drehbüchern. Jacobsen
war an der Entdeckung der "Scharnhorst" und am Auffinden
des britischen Trawlers "Gaul" beteiligt, der mit
seiner gesamten Besatzung verschwand. Jacobsens für das
norwegische NRK-TV und für BBC Timewatch
gedrehter Film über die "Scharnhorst" wurde
weltweit ausgestrahlt.
(©
2004 Ullstein Verlag)
Buchbesprechung
- Rezension:
Zum Autor:
Nach
den Verlagsangaben ist der Autor ein "Enthüllungsjournalist",
Buch- und Drehbuchautor, der seinen Kindheitstraum mit der
Auffindung des Scharnhorst-Wracks verwirklicht hat. Man darf
sich von dieser Werbung aber nicht abschrecken lassen; tatsächlich
wird beim Lesen klar, dass hier kein dramatisierender Journalist
unverstandene Fachbegriffe oder populäre Halbwahrheiten
verbreitet, sondern ein von ganzem Herzen an seine Wunschvorstellung
glaubender Mensch aufgeschrieben hat, was ihn jahrelang umtrieb.
Zum
Buch:
Jacobsen erzählt in 25 flüssig geschriebenen Kapiteln,
wie die Scharnhorst an ihrer letzten großen Aufgabe
scheitern musste, er als Kind ihre Geschichte als Mythos erlebte
und dann als Erwachsener beharrlich suchte, um schließlich
mit Hilfe der Königlich Norwegischen Marine und vielen
auskunftbereiten Menschen das Wrack zu lokalisieren und zu
filmen.
Jacobsen
schlägt einen unüblich weiten Bogen, bis hin zu
Fischern und Familienerinnerungen, mit dem er eine erkleckliche
Zahl persönlich gefärbter Einzelbeobachtungen zu
einem eindrucksvollen Ganzen verbindet. Besonders das Puzzlespiel
mit den Fragmenten aus Fischereiseekarten, Erinnerungen und
Aufzeichnungen der britischen Kriegsschiffe der "Force
1" und "Force 2" nötigt Anerkennung ab
für die Geduld und auch die Spürnase Jacobsens.
Eingestreut zwischen die Episoden der Recherche sind Erinnerungen
der Menschen an Bord der britischen und deutschen Kriegsschiffe,
in verschiedenen Stadien der Entwicklung der Angriffe auf
die Lockkonvoys JW55B und RA55A. Da natürlich nur wenige
ehemalige Besatzungsmitglieder der Scharnhorst befragt werden
konnten, musste der Autor auf frühere Berichte von Überlebenden
zurückgreifen. Das gelingt besser als vermutet, denn
Jacobsen zeichnet die Charaktere zurückhaltend und verständnisvoll,
lässt ihre Worte und Handlungen sprechen. Dabei nutzt
er eine Vielfalt an Quellenmaterial, darunter alleine 18 norwegische
Originalveröffentlichungen und polizeiliche Vernehmungsprotokolle
aus der Lokalpresse, die sonst in englisch- oder deutschsprachigen
Publikationen zum Seekrieg schon wegen der Sprachbarriere
nicht ausgewertet werden. Auch werden Salewskis "Die
Deutsche Seekriegsleitung", Beeslys "Very Special
Intelligence ...", Dönitz´ "Zehn Jahre
und Zwanzig Tage", natürlich Ruges "Der Seekrieg
...", Originalunterlagen des britischen Public Records
Office und auch Whitleys "Deutsche Großkampfschiffe"
herangezogen. Sogar die 18 Seiten Anmerkungen können
zur Lektüre empfohlen werden, weil sie nicht nur den
Haupttext vertiefen, sondern auch Interessantes, gar Lehrreiches,
über den zeitgeschichtlichen Hintergrund der Quellen
und die Personen vor Ort enthalten.
Eine
Überraschung ist das Kapitel "Enttarnung in der
Westprovinz". Man erfährt, wie eingeschleuste Agenten
zusammen mit der Bevölkerung im besetzten Land dafür
sorgen, dass die britischen Maßnahmen auf guten Beobachtungen
fußen. Aber auch die Gegenseite, die Besatzer, haben
ihre Rolle. Ganz ohne erzieherische oder moralisierende Attitüde
schildert Jacobsen, wie Spionage und Gegenspionage funktionierte
und Einfluss auf das große Geschehen nahm.
Buchtechnisches:
Kartenmaterial auf Vorsatz und Nachsatz, 8 Seiten mit einfarbigen
Abbildungen, wenige Diagramme im Text. Die unüblich gute
Übersetzungsleistung verdient Hervorhebung; an keiner
Stelle stören Holprigkeiten oder unverhoffte Stilwechsel
den Lesefluss. Nur zwei Satzfehler (abgesehen von der Anwendung
der "reformierten" Schreibung) fielen auf, "Centimeter"
auf S. 233 und "Tripitz" auf S. 304. Schade
ist nur, dass keine Standbilder der Filmaufnahmen für
das Buch verwendet wurden, sondern nur eine kaum als Echograph
erkennbare Aufzeichnung, die ein beliebiges linsenförmiges
gebrochenes Element vor einem einförmigen Hintergrund
zeigt. So bleibt das Grab der Scharnhorst ohne optischen Eindruck.
Bei den Schiffssilhouetten hinter der Titelseite ist dem Verlag
allerdings ein größeres Missverhältnis durchgerutscht:
im Verhältnis zu den anderen vier ist die Silhouette
des Ubootes entschieden zu groß geraten und zeigt anstelle
der korrekten ungefähr 70 m eine Länge (und entsprechende
Größe) von ungefähr 120 m an.
Bewertung:
Dies ist ein persönliches Buch, kein distanziert
und objektiv sein wollendes Sachbuch, was ihm zum Vorteil
gerät. So können gerade dem Leser die Leiden und
Größen des Seekrieges nahegehen, der eher an Menschen,
denn an Technik oder Militärgeschichte interessiert ist
und sonst wohl kaum zu einem "Kriegsbuch" greift.
Einzig der Preis scheint etwas hoch, da die sonst üblichen Darstellungen des Wracks ("Titanic", "Bismarck") fehlen, bei diesem Thema aber heute erwartet werden dürfen, und wäre es nur als Beweis für des Autors Geschichte. Trotzdem: empfehlenswert.
(©
2004 Michael Titz für all-around-new-books.de)
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